Als Verbandsausgleichskasse hat die AK71 im Unterschied zu einer kantonalen Kasse die Möglichkeit, dank Bewilligungen aller Kantone die Familienzulagen gesamtschweizerisch abzuwickeln. Ein Vorteil, den die Mitglieder sehr schätzen. Das 11-köpfige Team hat aber noch viele weitere Aufgaben. Im Interview erzählt Nico Kummer, Leiter Leistungen EO/FAK/MSE & Dienste mehr über den spannenden Alltag seines Teams.
Die Abteilung, die Sie leiten, hat einen ziemlich komplizierten Namen. Könnten Sie uns einleitend erklären, was diese Abkürzungen bedeuten?
Das mache ich sehr gerne. EO ist die Abkürzung für Erwerbsersatzordnung. Darunter fallen die Militärentschädigung, der Zivildienst, der Zivilschutz und Jugend+Sport. Dann haben wir die FAK für Familienausgleichskasse, wo es um verschiedenen Leistungen wie Kinder- oder Ausbildungszulagen geht. Daneben beschäftigen wir uns mit der Mutterschaftsentschädigung (MSE), wo seit dem Jahr 2021 die Vaterschaftsentschädigung (VSE) und seit Mitte 2021 die Betreuungsentschädigung (BU) für Ansprüche bei einer schweren Erkrankung eines Kindes dazugekommen sind.
Dann gehören diese Themen – ausser die Dienste – alle zur Familienausgleichskasse?
Familienausgleichskasse ist bei unserer Kasse der Oberbegriff, auch wenn es bei der FAK um Leistungen und bei der EO und MSE um reine Taggelder geht. Diese beiden Bereiche könnten auch voneinander getrennt werden, was bei anderen Kassen je nachdem auch so gehandhabt wird.
Und was sind nun konkret die Aufgaben Ihres Teams? Nehmen Sie uns mit in Ihren Alltag.
Familienzulagen sollen zumindest einen Bruchteil der Kosten für den Unterhalt eines Kindes decken. Unser Team ist zuständig für die komplette Abwicklung von Neuanmeldungen, also wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter eine neue Stelle bei einem uns angeschlossenen Mitglied antritt. Wir prüfen nach dem Gesetz, ob ein Anspruch für Leistungen aus der Familienausgleichskasse besteht oder nicht. Am Schluss der Prüfung gibt es immer einen Zulagenentscheid, worin wir ausweisen, ob und weshalb eine Zulage ausbezahlt oder das Gesuch abgelehnt wird. Bei einer Ablehnung muss der andere Elternteil bei dessen Arbeitgeber ein Gesuch stellen.
Daneben bearbeiten wir auch viele Mutationen wie z.B. Krankheitsmeldungen, die Einfluss auf den Anspruch der Zulagenzahlung haben. Denn es müssen verschiedene gesetzliche Bedingungen erfüllt sein, damit Kinderzulagen ausbezahlt werden.
Wer bezahlt eigentlich die Beiträge an die Familienausgleichskasse?
Die Beiträge bezahlen die Unternehmen auf Grundlage der Gesamtlohnsumme direkt an uns. Mitarbeitende zahlen, mit Ausnahme im Kanton Wallis, keine direkten Beiträge zur Finanzierung der Familienzulagen.
Und was sind weitere Arbeiten Ihres Teams?
Wir bearbeiten auch Ausbildungszulagen, die frühestens mit dem 15. Altersjahr und maximal bis zum 25. Altersjahr ausbezahlt werden können. Für eine Prüfung brauchen wir Lehrverträge oder Ausbildungsbestätigungen. Auch hier gibt es verschiedene Bedingungen (wie z.B. wöchentlicher Ausbildungsaufwand oder maximaler Lohn), die eingehalten werden müssen, damit ein Gesuch bewilligt werden kann.
Gibt es klare Vorgaben, die zu einem Entscheid führen?
Es gibt eine Wegleitung und natürlich das Gesetz mit klaren Vorgaben und Bedingungen, die zu einem Zulagenentscheid führen – sei es bei Kinder- oder Ausbildungszulagen. Einen gewissen Spielraum haben wir, aber die gesetzlichen Grundlagen sind bei allen Kassen gleich.
Was sind Ihre Aufgaben im Bereich EO und MSE?
Unser Team prüft, ob die Bedingungen für eine Mutter- oder Vaterschaftsentschädigung erfüllt sind. Wenn ja, kümmern wir uns um die Erfassung aller Daten und die Abrechnung. Bei der EO ist es einfacher, weil die Verantwortlichen im Militär eine EO-Karte ausstellen und die Bedingungen somit erfüllt sind. Hier geht es vor allem um die korrekte Lohnberechnung oder Bestimmung der zuständigen Kasse, da die EO-Entschädigung 80 % des vordienstlichen Einkommens beträgt.
Aber bei der EO geht es nicht nur um den Militärdienst.
Das ist korrekt. Aber es ist der grösste Bereich. Daneben geht es um den Zivilschutz, den Zivildienst und um Jugend+Sport. Der Ablauf bleibt aber immer gleich. Die offiziellen Stellen – wie z.B. ein Rechnungsfurier – sind zuständig, die entsprechenden Karten auszustellen und uns zuzustellen.
Neben all diesen Arbeiten geben wir verschiedene telefonische Auskünfte an Mitglieder und Versicherte.
Mit welchen Fragen kommen die Mitglieder und Versicherten zu Ihnen?
Oft möchten sie wissen, wann die Zahlung ausgelöst wird oder ob die Unterlagen eingetroffen sind. Eine speditive Abwicklung der Anträge ist vor allem für die Versicherten sehr wichtig. Denn viele Familien sind auf Zulagen angewiesen – vor allem auch bei mehreren Kindern oder rückwirkenden Zahlungen, die noch ausstehend sind. Verständlicherweise melden sich Versicherte auch bei abgelehnten Gesuchen, um mehr über den Grund der Ablehnung zu erfahren.
Gelangen die Versicherten oft direkt an die AK71?
Das ist abhängig von der Struktur einer Unternehmung. Entweder geht eine Anfrage zuerst über die interne Personalabteilung oder direkt zu uns. Ich würde sagen, rund die Hälfte melden sich direkt bei uns.
Wie setzt sich Ihr Team zusammen? Welche Fähigkeiten bringen Mitarbeitende mit, die bei Ihnen arbeiten?
Wir sind aktuell elf Personen. Wir sind ein junges Team und es ist sehr lebendig bei uns. Neben meiner Funktion gibt es eine stellvertretende Abteilungsleitung, neun Kundenberaterinnen und -berater und aktuell eine Praktikantin. Bei uns sind die sprachlichen Kenntnisse entscheidend, weil wir gesamtschweizerisch tätig sind. Denn sehr viele Mitglieder haben ihren Sitz in der Westschweiz oder im Tessin. Zudem ist es wichtig, dass unsere Mitarbeitenden auch in stressigen Situationen ruhig bleiben und den versicherten Personen Empathie entgegenbringen. Ein gewisses Zahlenflair rundet das Profil ab. Denn schlussendlich geht es immer um Beträge und um Berechnungen.
Sie betreuen viele Mitglieder, die Angestellte in der ganzen Schweiz haben. Können sie alles über die AK71 abwickeln?
Als Verbandsausgleichskasse haben wir im Unterschied zu einer kantonalen Kasse die Möglichkeit, dank Bewilligungen aller Kantone die Familienzulagen gesamtschweizerisch abzuwickeln. Das macht uns wettbewerbsfähig und attraktiv für unsere Mitglieder, da sie nur einen Ansprechpartner für alle Anliegen haben.
Weshalb bieten andere Kassen diese gesamtschweizerische Dienstleistung nicht an?
Jede Kasse ist anders aufgebaut. Zudem ist es branchenabhängig, ob dieses Angebot überhaupt gewünscht ist oder nicht. Auch braucht die Kasse Bewilligungen aller Kantone, wozu die Bedingungen nicht immer gegeben sind.
Welche Arbeiten zum Thema Familienausgleichskasse können die Mitglieder über das Online-Portal connect abwickeln?
Eigentlich alles. Das heisst, Mitglieder können Familienzulagen anmelden, Mutationen melden, Mutterschaft oder EO anmelden. Eine wichtige Unterscheidung ist, dass einige Arbeiten prozessgesteuert, also direkt online geführt sind und bei anderen lediglich ein ausgefülltes PDF-Formular übermittelt werden muss. Mit unseren umfassenden Dienstleistungen via Online-Portal connect sparen die Mitglieder viel Zeit und können alles jederzeit nachvollziehen. Denn auch alle weiteren Schritte wie der Entscheid eines Antrags oder die Abrechnung gehen direkt ins entsprechende Online-Dossier. Damit ist gewährleistet, dass das Mitglied jederzeit den Überblick über alle Mitarbeitendendossiers hat. Das Portal wird auch laufend weiterentwickelt, was die administrativen Prozesse für unsere Mitglieder in Zukunft weiter vereinfachen wird.
Können auch Versicherte auf das Online-Portal zugreifen oder nur die Unternehmen?
Mitglieder können gewisse Aufgaben den Versicherten delegieren, die dann von den Mitarbeitenden der Firma selbst übernommen werden können. Es kommt auch hier sehr stark auf die Struktur der Unternehmung an.
Und nun zum Bereich «Dienste», der auch zu Ihrer Abteilung gehört. Welche Arbeiten umfasst dieser Bereich?
Die Abteilung Dienste ist das Herzstück und damit das Aushängeschild der AK71. Denn sie betreuen die Hauptnummer, über die immer noch die meisten Mitglieder anrufen. Dabei sind Kundenfreundlichkeit und vernetztes Denken entscheidend. Denn die beiden Mitarbeiterinnen in der Abteilung Dienste müssen bei einem Anruf rasch erkennen, welches Anliegen der Kunde bzw. die Kundin hat, damit sie die Person an die entsprechende Stelle weiterleiten können. Neben dieser Aufgabe sortieren und scannen sie jeden Morgen die Post und pflegen sie in die entsprechenden Systeme ein. Auch die Materialbewirtschaftung, verschiedene Botengänge und weitere organisatorische Aufgaben gehören zu ihren vielfältigen Aufgaben.
Interview: Conny König
Persönliches über Nico Kummer
Nach seiner KV-Lehre bei der Gemeindeverwaltung in Reinach kam der heute 33-jährige Nico Kummer zur AK71. Nach knapp drei Jahren als Kundenberater in der Abteilung Familienausgleichskasse übernahm er die Leitung der Abteilung. Nico Kummer ist in Reinach aufgewachsen und hier auch sehr verwurzelt. In seinen Ferien reist er sehr gerne in exotische Länder und liebt es, neue Kulturen kennenzulernen. Seine Lieblingsdestinationen liegen in Südamerika wie z.B. Brasilien oder das Amazonasgebiet.